03. Kapitel, §34 und §35 BauGB

Was ist der Unterschied zwischen     Innenbereich nach § 34 und Außenbereich nach § 35 Baugesetzbuch?

Zunächst Grundsätzliches

Wenn es um Gesetze und §§ geht, müssen sich Laien - wie ich es einer bin - sehr vorsichtig bewegen. Denn es gibt in Deutschland ein Rechtsberatungsgesetz, das es Jedem, der nicht über die entsprechende Zulassung einer Kammer verfügt, verbietet, rechtliche Ratschläge zu erteilen. Ich muss also darauf hinweisen, dass ich hier lediglich angelesenes Wissen über die uns betreffenden Gesetze wiedergebe.

Sollten Sie, geneigter Leser, geneigte Leserin, aus meinen Aufzeichnungen womöglich Rückschlüsse für den eigenen Gebrauch ziehen, konsultieren Sie bitte einen ausgebildeten Juristen zwecks Einordnung Ihrer Erkenntnisse. Ich erkläre hiermit, dass mein Wissen nicht geeignet ist, Hilfestellung in juristischen Auseinandersetzungen zu geben.

Nun zu den §§

Die §§ 34 und 35 des deutschen Baugesetzbuches unterteilen potenzielles Bauland in Innen- und Außenbereiche. Sie legen die Grundlage zur Bewertung von Grundstücken in Sachen Bebaubarkeit. Laienhaft ausgedrückt befinden sich Grundstücke innerhalb von Ortsgrenzen grundsätzlich im Innenbereich nach § 34. Grundstücke vor dem Ortsschild sind meist dem Außenbereich nach § 35 zugeordnet.

Im Innenbereich darf man im Prinzip alles bauen, was der jeweils gültige Bebauungsplan vorsieht. Diesen Plan beschließt in der Regel die Gemeinde. Im Außenbereich sind Bauten nur in streng geregelten Ausnahmefällen erlaubt. Wer mehr erfahren möchte, kann im Netz die genauen Texte problemlos finden.

Die Ausnahme von der Regel

Bei uns am Schwielochsee ist die Einteilung in Innen- und Außenbereich ein wenig anders, als üblich.

Der See war schon zu Kaisers Zeiten ein sehr beliebter Ort für Erholungssuchende. Das setzte sich bis in die Zeit des real existierenden Sozialismus fort. Um einem sich abzeichnenden Wildwuchs allseits beliebter Datschen und anderer Feriendomizile entgegenzuwirken, wurden im Innenbereich unseres Dorfes unbebaute Flächen großzügig in Außenbereiche ungewandelt. Fortan war es auf diesen Flächen unmöglich, Gebäude zu errichten. Der daraus erstandene Flickenteppich wurde nach der Wende 1989 nicht verändert. Zwar bastelt die Landkreisverwaltung seit langer Zeit an einem neuen Flächennutzungsplan, kommt aber seit vielen Jahren nicht voran. Das wird auch noch eine ganze Weile so bleiben.

Ein Grundstück - zwei Gesetze

Unsere Jugendherberge steht auf einem ungeteilten Flurstück mit einer Größe von knapp 6.000 Quadratmetern. Dabei ist unser Gebäude inklusive eines Streifens um das Haus herum dem Innenbereich nach § 34 zugeordnet. Der weitaus größere Teil unseres Landes gehört zum Außenbereich nach § 35. Es gelten also nebeneinander her zwei Grundregeln für unser Grundstück. Wenn es für die Innenbereichsfläche eine bauliche  Änderung geben soll, kann das nur unter Hinzuziehung der Bestimmungen des § 34 erfolgen. 

Dies hat das Bauordnungsamt 1998 richtig erkannt. Unserer Alten Schule wurde eine Genehmigung für die Gebäuderenovierung nach § 34 erteilt. Anders ging es auch nicht. Der Außenbereich blieb davon natürlich unberührt. Dort blieb alles beim Alten. Auch 2018 hatte man das noch klar auf dem Schirm. Dies zeigt eine Aktennotiz vom 20.11.2018 aus dem Bauordnungsamt des Landkreises Dahme-Spreewald.

Zwischenbemerkung

Seit den 1960er Jahren ist unsere Jugendherberge auch eine Kultur- und Begegnungsstätte. Familienfeste, Konzerte, Camps verschiedenster Organisationen - sogar der Armee, Zeltlager, Kinderdisko und vieles, vieles mehr gehören seither zur alten Schule, wie das Salz in die Suppe. Diese Nutzung unserer Anlage hat sich seit über einem halben Jahrhundert nicht geändert. Unsere Herberge erfüllt damit seither eine sehr wichtige gesellschaftliche Aufgabe.

 

Der oben eingefügte Aktenvermerk zeigt Folgendes: Die drei Damen vom Amt unterstellen zunächst eine  unzulässige Nutzungsänderung und gleichzeitig beschließen sie, die Genehmigung für diese zu versagen. Wir wissen aber, dass zum Zeitpunkt dieser Absprache die Betreiber unserer Jugendherberge und ich keine Ahnung vom mittlerweile vier Monate dauernden Verfahren hatten. Bevor uns also das, für jedes solcher Verfahren zwingend vorgeschriebene, Recht auf rechtliches Gehör gewährt wurde, stand das Ergebnis des Tribunals schon fest: Nutzungsuntersagung. Dabei war die Kollegin aus unserer Nachbarschaft von Anfang an involviert (siehe Dokument am Ende dieses Kapitels).

 

Rechtliches Gehör bedeutet einfach, dass jede Bürgerin / jeder Bürger Deutschlands, die/der einer Verfehlung bezichtigt wird, auf jeden Fall das Recht hat, sich zur Sache zu äußern. Er/Sie muss angehört werden. Und das hat zu geschehen, bevor ein Urteil gefällt wird. Denn geurteilt darf erst werden, wenn alle zum Fall gehörenden Aspekte wohl gewägt sind. So ist das in einem Rechtsstaat.

 

Das im Atenvermerk erwähnte Rücksichtnahmegebot kommt in Baugenehmigungsverfahren meines Wissens immer dann zum Einsatz, wenn ein geplanter Bau sich auf benachbarte Personen oder Firmen auswirken könnte. Auch hier muss abgewogen werden. Zum Beispiel ist dabei eine Grundvoraussetzung, zu fragen, wer im konkreten Fall der Störer ist, wer also in gewachsene Strukturen eingreifen will. Eine seit Jahrzehnten währende unveränderte Nutzung einer Jugendherberge darf daher nicht der Gegenstand einer Neubewertung werden. Auch nicht, wenn man einer zugezogenen Kollegin, die noch dazu illegal in einem Haus ohne Baugenehmigung wohnt, einen Gefallen tun möchte.

Doch zurück zum Thema

Das eigentlich Interessante an dem Aktenvermerk ist die Feststellung, dass es sich bei unserem Herbergsgelände um zwei rechtlich unterschiedlich zu bewertende Flächen handelt. Sie werden im nächsten Kapitel und in der späteren Ordnungsverfügung lesen, dass man dort kurzerhand das Recht beugte und die Gültigkeit der Baugenehmigung von 1998 einfach auf das komplette Gelände ausdehnte. Das geschah also definitiv wider besseres Wissen - siehe oben die Rück- bzw. Absprache der drei Damen.

Hier noch der versprochene Beleg für die Mitarbeit der Nachbarin und ihre detailierte Kenntnis der Verfahrensakte:

Dazu mehr im nächsten Kapitel. Bleiben Sie dran.